Regie- und Stückentwicklung
Gertrud 2.0 Rückblicke

Uraufführung 16.12.2023 Gerswalde 

In den zweibändigen Romanen „Gertrud“ (erschienen zwischen 1983 und 2003) widmet sich der Theatermacher Einar Schleef (geboren 1944 in Sangerhausen, gestorben 2001 in Berlin) dem Leben seiner Mutter. Aus Gesprächen und Dokumenten, wie Briefen und Tagebuchaufzeichnungen, zeichnet Schleef die Biographie seiner zu diesem Zeitpunkt bereits über 60-Jährigen Mutter nach. Vier Gesellschaftssysteme prägten ihr Leben, die als innerer Monolog schmerzvoll auf die gesamtgesellschaftliche Geschichte verweisen.

Schleefs Retrospektive ist nicht nur allein der Blick auf das Leben seiner Mutter und der Versuch durch die Augen ebendieser auf ihr Leben zu schauen. Es ist auch gleichsam die ethnographische Analyse einer Zeit, verortet in spezifisch regionalem Raum.

Anika Lachnitt und Katja Zimmermann´s Theaterproduktion Gertrud 2.0 nimmt diesen Roman als Ausgangspunkt und versammelt bewegende Geschichten aus mehr als 60 Jahren Leben. Mit Hilfe von Interviews haben Lachnitt und Zimmermann Frauen ab 60 Jahren aus Gerswalde und Umgebung auf eine biografische Zeitreise eingeladen. 

Aus diesen Berichten speist sich die Geschichte der fiktiven Gertrud, die 1945 auf der Flucht geboren wurde und einen Großteil ihres Lebens in der DDR verbrachte. Heute 78-jährig blickt sie auf ihr Leben zurück und betrachtet die für sie wichtigen Ereignisse.

In die Erzählung fügen sich Perspektiven des eigens für diese Produktion aufgestellten Ensembles ein, die durch einen partizipativen Produktionsprozess hervorgebracht wurden. 

In Gertrud´s Retrospektive mischen sich die Geschichten und Erfahrungen der 17- bis 71 jährigen Spielerinnen auf der Bühne, deren Biographien an die Geschichte von Gertrud anknüpfen. 

Entstanden ist ein eindrucksvoller kollektiver Erinnerungsreigen, der behutsam Alltagserinnerungen hervorbringt und das Publikum einlädt, seine ganz eigenen Rückblicke zu durchlaufen. 

Für die Inszenierung erprobte das Ensemble Formen des Chorischen. Diese Form will Raum zur kollektiven Verhandlung schaffen, erzeugt Reibung, ermöglicht Einverleibung, will Identifikationsfläche als auch Widerspruchsraum sein und geht als neu entworfenes Dokument wieder in die Geschichte ein. Der Chor als Figur der Vielen eröffnet die Möglichkeit mehrere Gegenwarten gleichzeitig zu versammeln. Dadurch entsteht ein Erinnerungsraum, der das Publikum dazu einlädt, seine ganz eigenen Rückblicke zu durchlaufen. 

Konzept und Regie
Anika Lachnitt

Darstellerinnen
Heike Rickmann, Yvonne Johna, Susanne Krug, Brigitte Bachmann-Werner, Inge Riecke, Pauline Schmidt, Kathrin Parol

Regieassistenz und künstlerische Mitarbeit
Zoe Döller 

Bühne und Kostüme
Dorothea Ronneburg

Musik
Anja Gessenhardt und Anke Wisch

Choreografische Beratung
Anja Gessenhardt 

Licht
Tine Bruckmann

Ton
Leo Reckling

Grafik
Marion Scheer 

Dokumentation
Friederike Berát

Produktionsleitung
Katja Zimmermann

Mitarbeit Produktion
Anneli Schütz

Moderation Erzählcafé
Dag Lohde

Fotos
Amirai Ghasemi

Die Theaterproduktion wurde gefördert von

       

Die Erzählcafés wurden gefördert von